Ernährung im Wandel

Im Moment wird die vegane Ernährungsweise sehr kontrovers diskutiert. Es dreht sich hauptsächlich um die Frage, ob Veganer:innen in ausreichender Menge sogenannte „carninutrients“ wie Kreatin, Carnitin, Taurin u.a. erhalten, die hauptsächlich in tierischen Lebensmitteln enthalten sind. Sie sind ohne Zweifel wichtig für die Gesundheit, gelten aber in Deutschland als nicht essenziell, weil der Körper sie grundsätzlich selbst herstellen kann. Kleinere Studien zeigen, dass Veganer:innen diese Stoffe nicht ausreichend selbst herstellen können und dadurch Mangelerscheinungen riskieren. Die Datenlage dazu ist allerdings unzureichend, sodass niemand objektiv beurteilen kann, ob Veganer:innen hier tatsächlich und grundsätzlich ein Risiko eingehen.

Empfehlungen zu Ernährungsweisen können immer nur auf Grundlage der aktuelle wissenschaftlichen Daten- und Studienlage erfolgen.

Der menschliche Organismus ist derart komplex, dass es vermutlich noch viele Stoffe oder Vorgänge im Körper gibt, deren Wirkung und Relevanz heute noch unbekannt sind. Beispiel: Ballaststoffe galten früher als eben „Ballast“, weil man davon ausging, dass sie nicht verwertet werden und daher unnötig sind. Heute weiß man um deren Wichtigkeit für die Darmgesundheit, und sie werden sogar empfohlen. Ebenso Vitamin B12, dies wurde auch erst 1948 entdeckt. Außerdem gibt es vermutlich viele andere Faktoren, die Einfluss auf die Gesundheit bzw. die Verarbeitung der Nahrung im Körper haben, die heute noch nicht bekannt sind. So ist z.B. noch nicht allzu lange bekannt, dass aufgrund einer genetischer Disposition nicht jeder Körper aus Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren deren wichtige, langkettige Fettsäuren EPA/DHA bzw. AA bilden kann.

In der Medizin gibt es auch immer wieder neue Erkenntnisse, wie beispielsweise die Erkenntnis, dass Frauen andere Grenzwerte bei Bluthochdruck benötigen als Männer. So können Gefäße bei Frauen bereits bei einer Grenze >120 mmHg Schaden nehmen, und nicht erst ab der derzeit geltenden allgemeinen Grenze von derzeit >140 mmHg.

Möglicherweise können aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse manche Ernährungsweisen bzgl. bestimmter Faktoren nicht oder teilweise nicht mehr als gesund eingestuft werden, die vorher als gesund galten. Dies gilt allerdings für alle Ernährungsweisen, nicht nur für eine vegane Ernährung.

Ernährung ist sehr individuell. Wie gut oder schlecht Nährstoffe im Körper verarbeitet werden, und ob der Körper bestimmte Ausgangsstoffe in wichtige weitere Stoffe umwandeln kann, hängt von vielen Faktoren ab, z.B. von der genetischen Disposition, von Krankheiten, von Medikamenten, von der Menge anderer wichtiger Nährstoffe u.v.m. Es gibt viele Veganer:innen, die lediglich Vitamin B12 supplementieren und ansonsten kerngesund sind. Es gibt aber auch Veganer:innen, die weitere Supplemente benötigen, und vielleicht gehören die sogenannten carninutrients dazu. Wichtig ist, dass die Ernährungsweise nicht krank macht, was jede:r eigenverantwortlich regelmäßig überprüfen lassen sollte. Vor allem aber sollte man offen und objektiv mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen umgehen.

Es geht mir daher nicht darum, eine vegane Ernährung als die gesündeste hinzustellen, sondern darum, mit einer vollwertigen, veganen Kost die Gesundheit zu erhalten und Nährstoffe, die eine tierproduktreiche Ernährung liefert, über möglichst viele pflanzliche Produkte zu bekommen. Die Motivation dafür wird im Abschnitt „Gute Gründe“ ausführlich beschrieben.